krakau
10.11.05
  General Juliusz Bijak

Warszawa. Erst heute entdeckte ich, dass hinter dem Nationalmuseum an der Aleje Jerozolimskie sich das Polnische Militärmuseum versteckt. Dass dort im grünen Garten (sofern man dies so nennen darf) Panzer, Flugzeuge, Helikopter und verschiedenes archaisches, leichteres wie schwereres Geschütz aufgefahren ist. Nie bin ich bisher die paar Schritte Richtung Brücke gegangen, obwohl ich viele Jahre lang hier ganz in der Nähe wohnte, arbeitete, nachdachte, herumspazierte, seinerseits sogar Schlange stand und dies und das erledigte. Heute betrat ich das Museum auf der Suche nach General Bijak. Auf der Suche nach seinem Porträt, einem von Jacek Malczewski gemalten Ölbild. Die Frau an der Kasse wies mich freundlicherweise darauf hin, dass ich mich besser zuerst erkundige – dort in dem Zimmerchen direkt gegenüber – ob dieses Ölgemälde im Museum vorhanden sei, bevor ich sechs Zloty für den Eintritt bezahle. Und in der Tat. Ist das Bild nicht da. Nicht in diesem Museum. Und niemand weiß, wo es sein könnte. Vielleicht in Rogalin. Meint die Chefin der Abteilung Ölgemälde, vom diensthabenden Zuständigen telefonisch in das Zimmerchen „direkt gegenüber“ gerufen, für das kein Eintritt entrichtet werden muss. Vielleicht in Rogalin. Dort befindet sich die größte Sammlung von Malczewskis Gemälden. Ich habe keine Ahnung, wo Rogalin ist. Bei Poznań, erklärt die Ölbildfrau unaufgefordert. Das schaff’ ich heute auf keinen Fall mehr … murmle ich. Und der Diensthabende nimmt telefonisch die Nachricht entgegen, von jemand Unsichtbarem aus den unterirdischen Gängen des Archivs, dass in diesem Museum nichts von General Bijak vorhanden sei. Nicht die kleinste Spur.

Gestern gab ich in der Zentralen Militärbibliothek die heute gesparten sechs Zloty für Kopien aus. Für den ausführlichsten Artikel über General Bijak, den ich bislang finden konnte. Zehn Seiten, im Widerspruch zu allen Fakten, die ich bereits gesammelt habe. Aber das ist unwichtig. Viel wichtiger ist, dass der Artikel auch eine Abbildung des Gesuchten zeigt. Eine Reproduktion eines alten Fotos des Generals. In Uniform natürlich. Im Generalskragen. Qualität sehr schlecht. Aber auch das macht nichts. Dies ist das einzige Foto überhaupt – außer der furchterregenden Stilisierung in Öl von Malczewski – das ich kenne. Das einzige vielleicht, das existiert. Wer weiß. Auf diesem Foto jedenfalls sieht Bijak endlich aus wie ein Mensch. Und endlich verstehe ich, warum die Schweizerin Lina Bögli sich in ihn verliebte.

Punkt. Sobald ich wieder in Krakau bin, muss ich einen schriftlichen Antrag formulieren, auf Einsicht in die „schmale Personalakte“ des Generals Juliusz Bijak, die sich im Zentralen Militärarchiv in Rembertów befindet. Um einen konkreten Termin ersuchen, und mir ein Plätzchen im Lesesaal reservieren lassen. Und dann nochmals herkommen. Soviel hat sich diesmal in Warszawa geklärt.
 
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